Der VW Taigo Handschalter verlangt noch traditionelle Handarbeit vom Fahrer und soll in diesem Autotest zeigen, ob er dabei auch eine gute Figur macht.
„Handgerissen“ – um auch mal den Stammtisch-Jargon zu bemühen – mimt das SUV-Coupé mit seinen 110 PS und der 6-Gang-Box praktisch die goldene Mitte der Antriebspalette.
Unser Protagonist erscheint zum Test in einem fast unscheinbar wirkenden Ascotgrau und in der Ausstattung „Style“. Fahrbericht.
- Exterieur und Interieur
- Motor und Fahreigenschaften
- Ausstattung, Komfort, Sicherheit
- Die Preise für den VW Taigo Handschalter
- Fazit
- Pro & Contra
- Technische Daten
Exterieur und Interieur – Ob grau, ob grün…
…er wirkt doch immer schön. Bereits im ersten Test des SUV-Coupés konnte der Wolfsburger auf breiter Front ganze Überzeugungsarbeit leisten. Und dieser Eindruck bleibt selbst bei einer derart gedeckten Farbgebung, wie diesem serienmäßigen Ascotgrau bestehen.
Es mutet fast an, dass dieser Taigo jede Farbe tragen und keine davon ihm etwas von seiner coolen Ausstrahlung nehmen könnte. Die deutlichen Coupé-Anleihen stehen diesem Volkswagen und zweifellos sieht er von all seinen Wolfsburger SUV-Brüdern aus der Kleinwagen- und Kompaktklasse am interessantesten aus.
Leider mussten wir aufgrund der Jahreszeit auf die 18-Zoll-Räder mit der vielsagenden Farbgebung „Adamantiumsilber“ verzichten – Wolverine grinst sicherlich darüber – und mit den 17-Zoll-Winterpneus vorliebnehmen. Dennoch macht der Wolfsburger auch damit eine gute Figur.
Das Interieur bietet derweil bekannte und solide Hausmannskost, die auch im Polo oder dem T-Cross in gleicher Art angepriesen wird. Bei so vielen konservativen Anleihen hat allerdings die in Wagenfarbe gehaltene breite Spange in der Instrumententafel eine ganz andere Wirkung, nämlich fast keine. Im Gegensatz zum bereits getesteten „Visual Green“ kommt das Grau hier fast gar nicht zur Geltung.
Doch das kann durchaus auch gefallen und nicht jeder steht auf farbenfrohe Kontraste im Innenraum. Wie dem auch sei; im Taigo herrscht VW-Architektur bis in den letzten Winkel und das Platzangebot geht für diese Fahrzeugklasse mehr als in Ordnung. Solides Raumgefühl vorn und hinten und ein ordentlicher Kofferraum lassen kaum Wünsche offen. Randnotiz: Uns gefiel das „Art Velours“-Paket und dieses wertet für 640 Euro den Innenraum aus unserer Sicht spürbar auf.
Motor und Fahreigenschaften – Freudig die Hand anlegen
Unter der Haube des VW Taigo Handschalters werkelt ein bei höheren Drehzahlen typisch rau klingender 1.0-Liter-Dreizylinder, der dank Turbolader solide 110 PS und 200 Newtonmeter aus dem konsumierten Benzin generieren kann. Die Übersetzung – und das ist hier irgendwie das Schmankerl – übernimmt ein 6-Gang-Handschaltgetriebe, mit dem sich die Gänge auf angenehm kurzen Wegen knackig und präzise einlegen lassen.
Der Motor leistet krafttechnisch in diesem SUV erstaunlich gute Dienste. Anfangs waren wir noch skeptisch, weil der 1.5 TSI als Topmotorisierung uns doch ziemlich verwöhnt hat. Doch die Zweifel verfliegen nach wenigen Sekunden. Die Abstufung der Gänge passt bestens zum Motor und der sauber detektierbare Schleifpunkt der Kupplung lässt selbst Novizen problemlos mit dem Taigo anfahren.
Zwar benötigt der 110 PS-Taigo rund zwei Sekunden länger bis Tempo 100 als sein Pendant mit dem 150 PS-Benziner, doch subjektiv kommt hier keinesfalls Langeweile auf. Das SUV schwimmt überall problemlos mit und kann auch den einen oder anderen Überholvorgang wagen, ohne dabei in Schnappatmung zu geraten.
Interessant ist dabei, dass diese handgeschaltete Variante eine halbe Sekunde schneller besagten Sprint absolviert als die Variante mit dem 7-Gang-DSG. Dabei fühlt sich der Taigo handgeschaltet stets direkter an, als wäre der Pilot fester mit der Maschine verzahnt als bei der Automatik-Variante. Diese wiederum sorgt für etwas mehr Komfort, was am Ende die Entscheidung zu einer des jeweiligen Geschmacks werden lässt. Allerdings sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass das DSG immer einen Aufpreis von knapp 2.000 Euro verlangt.
Bei einem Top Speed von 191 km/h passt derweil auch das Leistungsvermögen für schnelle Autobahnetappen und sein gut abgestimmtes Fahrwerk mit leichter Tendenz in Richtung Komfort, macht den Taigo auch mit dem Dreizylinder zu einem souveränen und sicher anmutenden Allrounder. Auch die direkte und leichtgängige Lenkung sowie die gut dosierbare Bremsanlage bestärken diese Eindrücke.
Beim Verbrauch ermittelten wir als Drittelmix-Resultat 5,8 Liter auf 100 Kilometer. Die Werksangabe ist mit 5,5 Litern nicht allzu weit davon entfernt. Auf der Sparrunde reduzierte sich der Spritkonsum auf 4,6 Liter. In beiden Disziplinen genehmigt sich der Taigo mit dem 1.5 TSI vergleichsweise rund einen Liter mehr auf 100 Kilometer.
Ausstattung, Komfort, Sicherheit
Die „Style“-Ausstattung ist die zweithöchste Variante und bringt entsprechend diverse Annehmlichkeiten ab Werk auch in den VW Taigo Handschalter. Dazu gehören neben einem digitalen Cockpit mit vielen Einstellmöglichkeiten auch ein mehrfarbiges Ambientelicht plus Umfeldbeleuchtung mit bei Dunkelheit peppigem Lichtmuster vor dem Einstiegsbereich und allem voran das erstklassige IQ.Light mit dem Matrix-LED-Scheinwerferlicht.
Dieses spielt in dieser Klasse tatsächlich ganz vorne mit und beeindruckte neben einer hervorragenden Reichweite und Homogenität auch durch die superschnelle und überaus zuverlässige Ausblendung anderer Verkehrsteilnehmer.
Das hier zum Einsatz kommende Infotainment „Discover Media“ für 630 Euro extra besitzt zwar einen deutlich kleineren Zentralbildschirm gegenüber dem „Discover Pro“, kann aber dennoch alles vollkommen zufriedenstellend darstellen. Dabei gibt es sogar zwei große Vorteile: Einmal spart sich der geneigte Käufer rund 1.000 Euro und – was wir besonders toll finden – besitzt das Mittelklasse-Infotainment anstatt der während der Fahrt schwieriger zu bedienenden Sensorfelder einen klassischen Lautstärkeregler.
Ansonsten gibt es auch beim „Style“ noch eine opulente Optionsliste, auf der unter anderem eine Rückfahrkamera für 330 Euro oder 18-Zoll-Räder für zugegeben akzeptable 365 Euro mehr angeboten werden. Empfehlen möchten wir das Paket bestehend aus Fahrprofilauswahl plus XDS-Differenzialsperre für gerade einmal 310 Euro. Eine Parkassistenz kostet 550 Euro und IQ.Drive bringt als Paket mehrere Assistenzsysteme, die das teilautonome Fahren ermöglichen für 405 Euro extra ins SUV-Coupé.
Das Beats-Soundsystem ruft 605 zusätzliche Euro auf und erzeugt mit maximal 300 Watt über sechs Lautsprecher ein dynamisches Klangfeld im Innenraum. Wer mit musikalischer Untermalung mobil sein will, sollte hier besser sein Kreuzchen setzen.
Die Preise für den VW Taigo Handschalter
Es gibt vier Ausstattungslinien plus einem aktuellen Sondermodell.
- Als handgeschaltetes SUV-Coupé mit 110 PS startet der Taigo nicht in der Basisversion, sondern in der nächsthöheren Ausstattung „Life“ bei 27.400 Euro. Das sind 715 Euro mehr, als der Taigo als 90 PS-Version mit der 5-Gang-Handschaltung in der gleichen Ausstattungslinie kostet. Das digitale Cockpit, LED-Scheinwerfer, 16-Zoll-Räder, Apple CarPlay und Android Auto kabellos funktionierend sowie Parksensoren vorn und hinten sind nur einige der serienmäßigen Features dieser Variante.
- Als „Style“ werden 30.485 Euro für die getestete Antrieb-Getriebekombination fällig. Ab dieser Variante gibt es die Matrix-LED-Scheinwerfer, 17-Zoll-Räder, Nebelleuchten und Abbiegelicht, Sport-Komfortsitze, mehrfarbiges Ambientelicht und vieles mehr ab Werk.
- Die „R-Line“ kostet mindestens 31.450 Euro und bietet zusätzlich eine besonders sportliche Optik innen wie außen.
- Als aktuell angebotenes Sondermodell „Move“ erhält der VW Taigo Handschalter mit 110 PS für 28.860 Euro als Serienausstattung 16-Zoll-Räder, Sitzheizungen vorne, eine Privacy-Verglasung, Radio 2 Discover mit „Streaming & Internet“ sowie weitere Features.
Wie immer fährt der Taigo mit Vorderradantrieb; eine Option auf Allrad gibt es leider nicht.
Fazit – Handwerk hat ledernen Schaltknauf
Der VW Taigo Handschalter zeigte sich im Test als munteres, sicheres und sehr ausgewogenes SUV-Coupé, mit dem das Verwalten der sechs Gänge noch ganz Old School richtig Freude bereitet. Die gelungene Abstimmung zwischen Getriebe und Antrieb plus der kurzen und präzisen Schaltwege generieren eine gute Portion Fahrspaß.
Der war dabei teilweise sogar so groß, dass die Mehrheit unserer Redakteure und Testfahrer dieses dem automatischen DSG vorziehen würden. Nicht, weil das DSG schlecht wäre, sondern eher, weil das manuelle Getriebe durch mehr Direktheit und Beteiligung des Piloten einen innigeren Kontakt zwischen Mensch und Maschine sichert. Bei den Japanern heißt so etwas „Jinba Ittai“, hierzulande wahrscheinlich eher „Alte Schule“.
Leider fällt das manuelle Getriebe markenübergreifend immer mehr dem Rotstift zum Opfer. Wir würden uns wünschen, wenn an der Handschaltung auch zukünftig festgehalten wird. Wenigstens so lange, wie es Verbrenner zu kaufen gibt. Denn mit dem Taigo beweist es sich wiederholt, dass die Handschaltung längst nicht zum alten Eisen gehört und dank dieses „Sixpacks“ das Gefühl für Fahrzeug und Antrieb deutlich stärker ausfällt als bei automatisierten Getriebelösungen.
Ansonsten ist der Taigo eine überaus gelungene SUV-Coupé-Variante, die es auch heute in dieser Klasse so gut wie kein zweites Mal zu finden gibt. Optik, Platzangebot, Antrieb, Ausstattung – alles passt. Die Optionslisten sind in allen Ausstattungsvarianten mehr oder weniger lang, leider. Das haben deutsche Automobilhersteller aber irgendwie alle gemeinsam.
Text/Fotos: NewCarz
Pro & Contra
Pro:
- als SUV-Coupé in dieser Fahrzeugklasse unique
- für den Alltag vollkommen ausreichende Fahrleistungen
- sehr gute Motor-Getriebe-Abstimmung
- knackige und präzise Handschaltung
- gute Assistenzsysteme
- hervorragendes Matrix-LED-Licht
Contra:
- hoher Preis
- lange und teils teure Aufpreisliste
- kein Allrad erhältlich
Konkurrenz: VW T-Cross, Ford Puma, Toyota Yaris Cross, SsangYong Tivoli, Peugeot 2008, Kia Stonic, Opel Crossland, Skoda Kamiq, Seat Arona, DS3 Crossback
Technische Daten: VW Taigo Handschalter 1.0 TSI Style
- Farbe: Ascotgrau Metallic
- Fahrzeugklasse: Kleinwagen / SUV
- Länge x Breite x Höhe (m): 4,27 x 1,76 (2,00 mit Außenspiegel) x 1,52
- Radstand (mm): 2.554
- Antrieb: Dreizylinder-Ottomotor mit Turbolader und OPF
- Hybridart: –
- max. Leistung: 81 kW (110 PS) bei 5.500 rpm
- max. Drehmoment (Nm): 200 bei 2.000 bis 3.000 rpm
- Hubraum: 999 ccm
- Getriebe: 6-Gang-Handschaltung
- Antriebsart: Vorderachse
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 5,5 l/100 km
- Durchschnittsverbrauch (NewCarz): 5,8 l/100 km
- CO2-Emissionen (Werksangabe): 125 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
- Höchstgeschwindigkeit: 191 km/h
- Beschleunigung von 0 auf 100 km/h (sec): 10,4
- Wendekreis (m): 10,6
- Böschungswinkel vorn/hinten: 16,6°/16,6°
- Rampenwinkel: 14,5°
- Kofferraumvolumen (l): 455 bis 1.281
- Leergewicht (kg): 1.242
- Zuladung (kg): 458
- Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 620/1.100
- max. Stützlast (kg): 55
- max. Dachlast (kg): 75
- Tankinhalt (l): 40
- Kraftstoffart: Benzin E5/E10 mind. 95 Oktan
- Neupreis des Testwagens: 35.380 Euro (Basispreis 110 PS Handschalter: 27.400 Euro)
Unser Chefredakteur erstellt seit 2015 schwerpunktmäßig Fahrberichte und testet alle Fahrzeuge akribisch – mit Liebe zum Detail – auf Herz und Nieren. Dabei entgeht ihm nichts. Seine Objektivität bewahrt er dabei kompromisslos. Robertos Spezialgebiete sind neben SUVs und Kombis die alternativen Antriebskonzepte. Sein Herz schlägt aber auch gern im V8-Takt.